Problem Sprachförderung: Viel Engagement, wenig Effekt?

Letzte Woche haben wir in Aarau den Maienzug gefeiert. Am Bankett bin ich neben einem der ‚Generäle’ unserer Armee gesessen. In einem interessanten Gespräch haben wir über die Bedürfnisse heutiger Rekruten und was ihnen die Armee zur Verfügung stellt, diskutiert. Vor allem zwei Angebote seien in seiner Brigade die Renner: die psychologische Beratung und ein Kurs zur Rechtschreibung. Beide Kurse seien freiwillig!

Das hat mich sehr erstaunt: erstens, dass überhaupt Rechtschreibekurse angeboten werden und zweitens, dass sie offenbar derart rege benutzt werden. Dabei ist mir in den Sinn gekommen, was ich tags zuvor in den Medien gelesen hatte: dass das Förderprogramm Quims (Qualität in multikulturellen Schulen) im Kanton Zürich praktisch wirkungslos und lediglich im Schulklima eine gute Wirkung erzielt worden sei. Die Schüler der Quims-Schulen, so war zu lesen, können offenbar nicht besser deutsch als Nicht-Quims-Schüler. Aber darum geht es mir nicht in meinem Blog, man kann die Studie mit Sicherheit auch anders lesen – das sagt auch Martin Wendelspiess, der Volksschulamt-Chef in einem Interview mit der Aargauer Zeitung.

Was ich eher problematisch finde, sind die Folgerungen, welche aus der Evaluation gezogen werden: 50% mehr Fördergelder. Problematisch jedoch nicht in erster Linie wegen des Geldes, sondern, deshalb:

Erstens, weil zur Genüge bekannt ist, dass mehr Geld nicht automatisch zu Verbesserungen führt. Zweitens, weil man wissen sollte, welches denn genau die Erfolgsfaktoren sind, wenn man ein Projekt weiter fördern will. Und, wenn man nicht genau weiss, was genau wirkt, dann bleibt das Ganze schwammig.

Wo nun – so werden Sie sich fragen – liegt der Zusammenhang zwischen Quims und den Rekruten? In der Tatsache, dass enorme Summen in die schulische Sprachförderung gesteckt werden, wir jedoch nach wie vor wenig darüber wissen, welches denn ihre Erfolgsfaktoren sind. Insgesamt müssen wir davon ausgehen, dass ein nicht kleiner Teil der Sprachförderung, so wie sie heute betrieben wird, eher wirkungslos ist. Mit der Folge, dass (zu) viele junge Erwachsene offenbar nicht über das notwendige ‚Bildungsminimum‘ verfügen. Dass die Schweizer Armee Sprachkurse anbietet, finde ich eine ausgezeichnete Idee. Und dass so viele Rekruten ihnen freiwillig nachfragen, zeigt, wie gross ihre Motivation zum Lernen ist. Angesichts unseres grossen Sprachförderangebots müssten diese Angebote eigentlich überflüssig sein oder gar nicht angeboten werden müssen.

Meines Erachtens müsste man die bestehenden Förderprogramme überdenken Sprachförderung ist nicht bereits wirksam, nur weil hohe Erwartungen da sind oder die Nachfrage beträchtlich ist. Deshalb sollte der Ausbau und damit die Finanzierung der in öffentlicher Verantwortung stehenden Angebote zur Sprachförderung auf solche beschränkt werden, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist. Und die Erfolgreichsten sollten dann mit angemessenen Finanzen ausgestattet werden.

Die Pensionierung ersehnen?
Tanz dich frei» – oder: «Tanz dich in die Empörung...
 

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