Darf man Kinder aus Restaurants aussperren?

erschienen in: NZZ am Sonntag, 31.03.2019   «Ein Land mit Kindern ist ein Land mit Zukunft.» Mit diesem Satz hat kürzlich ein Politiker sein Plädoyer für eine bessere Familienpolitik beendet. Gleichentags las ich in einer Zeitung unter dem Titel «No Kids please!» einen Beitrag zum Trend von immer mehr Restaurants, Kinder auszusperren. Solche Gegensätze sind ein seltsamer Ausdruck unserer Gesellschaft, zunehmend Menschengruppen voneinander zu trennen, während alle Welt sich mit Begriffen wie Diversität oder Generationenhäusern schmückt. Weshalb wachsen Kinder heute so...
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Ob reich oder arm: Jede Familie lebt in der Risikogesellschaft

Wir leben in einer Risikogesellschaft. Dieser vom Soziologen Ulrich Beck im gleichnamigen Buch geprägte Begriff meint, dass in unserer hoch entwickelten Gesellschaft mehr Risiken entstanden sind und laufend entstehen, als unsere staatlichen Kontrolleinrichtungen zu bewältigen vermögen. Dazu gehören soziale, ökologische, politische, aber auch individuelle Risiken. Während einerseits heute jeder Mensch deutlich höhere Chancen hat, sich selbst zu verwirklichen und viel mehr Handlungsspielräume bestehen als in jeder Generation zuvor, fehlen soziale Normen und Vorgaben, welche Handlungs- und auch Erziehungssicherheit geben würden. Eine...
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Der Mythos vom kompetenten Säugling

In der Erziehung und Förderung des Nachwuchses stellt unsere Gesellschaft die Eltern unter einen enormen Vollkommenheitsdruck: Sie sollen das Kind als Persönlichkeit mit eigenständigen Bedürfnissen und Ansprüchen verstehen, ihm umfassende Liebe entgegen bringen, seine Bedürfnisse immer auf den ersten Platz setzen und das Kind nicht unnötig einschränken. In der Wissenschaft spricht man deshalb auch von der «Sentimentalisierung der Kindheit»*. Caroline Thompson nennt sie gar eine «sentimentale Revolution». Hinter diesem Phänomen steckt ein Paradigmawechsel, der Kindheit und Elternschaft in historisch einzigartiger Weise...
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Perfekte Mütter und ihre Karrieren

erschienen in: NZZ, 09.11., 10.   27 Prozent der Mütter sind nicht berufstätig, davon 50‘000 Frauen, die studiert haben. Und fast 30  Prozent entscheiden sich für ein kleines Teilzeitpensum von 50 Prozent und minimieren es noch, wenn die Kinder in die Schule kommen. Das geht nicht, findet die Wirtschaft. Gut ausgebildete Frauen sollten nicht am Herd, sondern im Beruf stehen. Und dies möglichst Vollzeit, damit ihr Humankapital nicht verloren geht. Dies tönt nachvollziehbar, doch die Situation ist komplexer. Es gibt zwei gesellschaftliche...
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Langeweile ist ein böses Kraut

Ich erinnere mich noch gut, wie ich mich als Mädchen an den Familiensonntagen enorm langweilte: am Morgen in die Sonntagschule, beim immer gleichen Mittagessen mit Schnitzel, Pommes Frites und Ananas aus der Dose und dann bei einem Spaziergang an der Aare, wohlverstanden in den «Sonntagskleidern», die keinesfalls schmutzig werden durften. Hand aufs Herz: Wer kennt keine Langeweile? Jeden Tag schlagen sich bekanntlich viele Menschen ihre Stunden tot. Sie machen Unsinn, nichts Wichtiges, trödeln vor sich hin oder warten auf etwas Unbestimmtes....
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Die Tücken früher Sprachförderung

Erschienen in: NZZ, 5. Februar 2014, S. 21 In letzter Zeit berichten Kindergartenlehrkräfte immer wieder von eigenartigen Erfahrungen: Sie müssen zunehmend Kinder unterrichten, die kaum Deutsch können und auch einfache Fragen nicht verstehen. Viele dieser Kleinen haben jedoch vorher eine Krippe, eine Spielgruppe oder ein gezieltes Förderprogramm besucht, oft zusammen mit ihren Müttern. Wie kann das sein? Weshalb haben sich die Deutschkenntnisse solcher Kinder nicht markant verbessert? Bemüht sich das Personal zu wenig um sie, versagen die Angebote oder sind unsere...
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Der falsche Blick auf «die armen Migrantenkinder»

Schon lange ist bekannt, dass Kinder mit Migrationshintergrund schlechtere Schulleistungen erbringen als einheimische Kinder und dass diese Unterschiede, vor allem in den sprachlichen und sozialen Kompetenzen, bereits beim Eintritt in den Kindergarten deutlich sichtbar werden. Darauf verweisen viele Studien. Eine Konsequenz aus diesen empirischen Tatsachen war und ist, dass solche Kinder in sprachlich ausgerichteten Gruppen, in Sprachförderprogrammen oder in anderen Massnahmen gezielt gefördert werden. Bund, Kantone und Gemeinden geben hierfür viel Geld aus. Diese Strategie ist bisher auf grosse Akzeptanz gestossen...
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Kinder haben ein Recht auf blaue Flecken

  erschienen in: Nordwestschweiz, 4.01.2014, S. 2   Kürzlich habe ich ein kleines Mädchen beobachtet, wie es behutsam und hoch konzentriert über ein etwa ein Meter hohes Mäuerchen balancierte. Aufgeschreckt wurde es durch eine sich überschlagende Stimme: «Pass sofort auf!» Das Mädchen erstarrte und sein Blick zeigte, dass es nicht mehr in der Lage war, einen einzigen Schritt weiterzugehen. In seinem Gesicht spiegelte sich die Angst – die Angst seiner Mutter, die es auch sofort von der Mauer herunterholte. Dieses Beispiel...
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